Wilhelm der Eroberer (1028 – 1087)

Wilhelm der Eroberer
Wilhelm-der-Eroberer-Statue in Falaise, Normandie – Bild: Pack-Shot / Shutterstock.com

Nach dem frühen Tod seines Vaters musste Herzog Wilhelm der Normandie von Anfang an ums Überleben kämpfen.

Der als „Bastard“ geschmähte Wilhelm setzte sich aber gegen seine zahlreichen Feinde durch und nahm im Jahr 1066 die Invasion in England ins Visier.

Mit dem Sieg in der Schlacht bei Hastings schrieb Wilhelm schließlich Geschichte und wurde zu „Wilhelm dem Eroberer“.

1. Der Herzog und die Gerberstochter

Robert I. (1000 – 1035) war seit 1027 Herzog der Normandie.

Aus der Beziehung mit Herleva (1003 – 1050) ging ein Sohn hervor – der spätere Wilhelm der Eroberer (1028 – 1087).

Herlevas Vater war der Gerber Fulbert.

Da Robert I. und Herleva nicht verheiratet waren, erhielt der 1028 geborene Wilhelm den wenig schmeichelhaften Beinamen „Wilhelm der Bastard“.

Als Robert I. im Jahr 1034 zu einer Pilgerfahrt ins Heilige Land aufbrach, ließ er sich vom normannischen Adel die Thronfolge seines Sohnes Wilhelm bestätigen.

Robert I. starb im Jahr 1035 in Nikäa (Kleinasien).

Im Alter von nur sieben Jahren wurde Wilhelm neuer Herzog der Normandie.

2. Die Minderjährigkeit des Bastards

Da Wilhelm der Bastard im Jahr 1035 noch ein Kind war, ging die Ausübung der Regierungsgeschäfte während der Zeit der Minderjährigkeit an einen Regenten über.

Zunächst fungierte daher Erzbischof Robert von Rouen als Vormund für seinen Großneffen Wilhelm.

Robert starb jedoch bereits 1037 und Wilhelm schwebte nun beständig in Lebensgefahr.

Diejenigen, die ihn beschützen sollten, fielen selbst Mordanschlägen zum Opfer.

Aufstände gegen den jungen Herzog waren beinahe an der Tagesordnung.

Die Normandie versank im Chaos und die herzogliche Zentralgewalt wurde erheblich geschwächt.

König Heinrich I. von Frankreich (1008 – 1060) nutzte die Unordnung in der Normandie dazu aus, um die Burg in Tillières in seinen Besitz zu bringen.

3. Aufstand gegen Wilhelm

Im Jahr 1046 begann der gefährlichste Aufstand gegen Wilhelm, als sein Cousin Guy von Burgund selbst Herzog der Normandie werden wollte.

Guy plante die Absetzung, Gefangennahme und Ermordung Wilhelms.

Guy stand an der Spitze einer Verschwörung des normannischen Adels gegen den Herzog.

Wilhelm sah sich zur Flucht an den französischen Königshof in Poissy gezwungen, wo er König Heinrich I. von Frankreich um Hilfe bat.

Im Sommer 1047 kam es in Val-ès-Dunes (nahe Caen) zur Entscheidungsschlacht zwischen Guy auf der einen und Herzog Wilhelm sowie König Heinrich I. auf der anderen Seite.

Wilhelm behielt letztendlich die Oberhand und konnte sich als Herzog der Normandie durchsetzen.

4. Wilhelm als Herzog

Mit dem Sieg in der Schlacht von Val-ès-Dunes beginnt die selbständige Herrschaftsausübung durch Wilhelm den Bastard.

Er verkündete einen allgemeinen Gottesfrieden und förderte sowohl Klöster als auch Kirchen.

Wilhelms Erzrivale war Graf Gottfried Martel von Anjou (1007 – 1060), der in den Jahren 1054 und 1058 zusammen mit König Heinrich I. von Frankreich in der Normandie einfiel.

Jedoch konnte Wilhelm beide Invasionen erfolgreich abwehren.

Außerdem konnte der Herzog seinen Einflussbereich ausweiten, als er 1062 eine Heirat seines ältesten Sohnes Robert (1054 – 1134) mit der Schwester des Grafen von Maine arrangierte.

Der Graf starb noch im selben Jahr kinderlos und 1063 zog Wilhelm die Grafschaft Maine für sich ein.

5. Ehe und Familie

Wilhelm bemühte sich um eine Verbesserung der Beziehungen zu Graf Balduin V. von Flandern (1012 – 1067) und heiratete zwischen 1050 und 1053 dessen Tochter Matilda (1032 – 1083).

Aus dieser Ehe gingen zehn Kinder hervor, darunter die späteren englischen Könige Wilhelm II. Rufus (1056 – 1100) und Heinrich I. (1068 – 1135).

Der älteste Sohn Robert II. Kurzhose folgte seinem Vater als Herzog der Normandie nach.

Tochter Cécile (1056 – 1126) fungierte seit 1112 als Äbtissin des Klosters Abbaye aux Dames in Caen.

Und das jüngste Kind Adela (1067 – 1137) ist die Mutter von Stephan von Blois (1092 – 1154), der von 1135 bis 1154 in England regierte.

6. Ansprüche auf die englische Krone

Zu Beginn des Jahres 1066 starb König Eduard der Bekenner (1004 – 1066) von England und hinterließ keinen eindeutigen Erben.

Neben Eduards Schwager Harald II. Godwinson (1022 – 1066) erhob auch Herzog Wilhelm der Normandie Anspruch auf die englische Krone.

Zum einen bestanden verwandtschaftliche Beziehungen zur englischen Königin Emma (984 – 1052), die zuerst mit Æthelred II. (966 – 1016) und danach mit Knut dem Großen (995 – 1035) verheiratet war.

Zum anderen berief sich Wilhelm darauf, dass Harald II. Godwinson während eines Aufenthalts in der Normandie ihm gegenüber einen Eid geschworen und Wilhelm damit als nächsten König von England anerkannt habe.

Ob dieser Eid jedoch tatsächlich so stattgefunden hat, ist umstritten.

7. Die Invasion

Im Vorfeld der Invasion sicherte sich Wilhelm die Zustimmung des Papstes.

Alexander II. (1010 – 1073) lobte Wilhelms Einsatz für die Umsetzung der Kirchenreform.

Wilhelm stellte ein Invasionsheer zusammen, das Kavallerie, Infanterie und Bogenschützen umfasste.

Circa 10 000 Normannen fielen mit ihrem Herzog in England ein.

Als Ende September endlich günstige Windverhältnisse herrschten, begann die Überfahrt.

Am 28. September 1066 landete Wilhelm mit seiner Armee in Pevensey (East Sussex).

Die Normannen besaßen im Vorhinein einen klaren Vorteil, denn die Armee Harald Godwinsons war nach dem Sieg in der Schlacht von Stamford Bridge (25. September 1066) erschöpft.

Wilhelms Soldaten gingen hingegen ausgeruht in die Schlacht bei Hastings.

8. Die Schlacht bei Hastings

Die Schlacht bei Hastings spielte sich am 14. Oktober 1066 ab.

Die englischen Truppen unter Führung von König Harald II. Godwinson zogen sich auf eine Hügelstellung zurück.

Die Normannen wollten diesen Hügel stürmen, scheiterten jedoch zunächst.

Die englischen Soldaten machten den Fehler, dass sie nach normannischen Angriffen ihre Stellung verließen, um den Normannen nachzusetzen.

Dadurch gerieten sie ins Visier der normannischen Kavallerie.

Harald II. Godwinson verlor auf diese Art und Weise viele Männer.

Gegen Ende der Schlacht wurde der englische König von einem Pfeil im Auge getroffen.

Harald II. Godwinson starb kurz darauf und seine Armee zerstreute sich in alle Winde.

Wilhelm gewann damit die Schlacht und die Herrschaft über England.

9. Wilhelm als König von England

Nach dem Sieg in der Schlacht bei Hastings festigte Wilhelm – nun als „der Eroberer“ bekannt – seine Machtposition und ließ sich am Weihnachtstag 1066 in Westminster Abbey zum neuen König von England krönen.

Die normannische Elite, die ihm nach England gefolgt war und zum Sieg verholfen hatte, belohnte Wilhelm mit Ländereien.

Schon bald befand sich ein Großteil des englischen Landbesitzes in der Hand des normannischen Adels.

Unter normannischer Herrschaft entstanden zahlreiche neue Burgen, zum Beispiel der Vorläufer des Towers von London. Damit sollte die normannische Herrschaft abgesichert werden.

1069 sowie in den Jahren 1074 und 1075 wehrte Wilhelm Invasionsversuche des dänischen Königs Sweyn II. Estridsson (1019 – 1076) ab.

10. Das Domesday Book

Das vielleicht wichtigste Dokument aus der Regierungszeit Wilhelms des Eroberers ist das Domesday Book.

Letzteres ist ein Verzeichnis der Landbesitzer in England 20 Jahre nach der Schlacht bei Hastings.

Man kann dem Domesday Book entnehmen, dass der angestammte angelsächsische Adel unter normannischer Herrschaft viel Land verloren hat.

Nur noch 8 Prozent des Landbesitzes in England befanden sich 1086 in dessen Hand. Stattdessen dominierte der normannische Adel.

König Wilhelm besaß allein ein Fünftel des Landes. Und seine Gefolgsleute teilten die Hälfte des englischen Landbesitzes unter sich auf. Ein weiteres Viertel befand sich im Besitz der Kirche.

Unter Wilhelm dem Eroberer hatte in England eine massive Umverteilung zugunsten der normannischen Elite stattgefunden.

11. Robert Kurzhose begehrt gegen seinen Vater auf

Sein ältester Sohn Robert II. Kurzhose war für Wilhelm den Eroberer ein ständiger Unruheherd.

Im Jahr 1077 verlangte Robert von seinem Vater die selbständige Herrschaft über die Normandie sowie die Grafschaft Maine.

Wilhelm lehnte das ab und Robert startete einen Aufstand.

König Philipp I. von Frankreich (1052 – 1108) unterstützte Robert bei seinem Vorhaben.

Robert konnte seinem Vater im Januar 1079 eine empfindliche Niederlage zufügen.

An Ostern 1080 kam es schließlich zur Versöhnung. Das war jedoch nur ein Waffenstillstand.

Im Jahr 1083 wagte Robert erneut den Aufstand. Wilhelm behielt die Oberhand und Robert ging ins Exil.

Kurz vor seinem Tod im Jahr 1087 vergab Wilhelm der Eroberer seinem rebellischen Sohn Robert Kurzhose.

12. Tod und Vermächtnis

Im Jahr 1087 fiel der französische König Philipp I. in der Normandie ein.

Zwar konnte Wilhelm den Angriff abwehren, aber nach dem Sieg stürzte er vom Pferd und zog sich eine tödliche Infektion zu.

Wilhelm der Eroberer starb am 9. September 1087 in Rouen.

Er ist in der Klosterkirche Abbaye aux Hommes in Caen beigesetzt worden, wo sich bis heute sein Grab befindet.

Mit der Personalunion zwischen England und der Normandie legte Wilhelm den Grundstein für das Angevinische Reich.

Sein Urenkel Heinrich II. von England (1133 – 1189) kontrollierte die westliche Hälfte Frankreichs.

Mit der erfolgreichen normannischen Invasion im Jahr 1066 haben viele französische Wörter Einzug in die englische Sprache gehalten.