Die Wikinger in Süditalien

Vor der Ankunft der Wikinger (Normannen) prägten Langobarden, Byzantiner und Araber Süditalien sowie die Insel Sizilien.

Dem normannischen Haus Hauteville gelang es, nach und nach (fast) das ganze Gebiet unter seine Kontrolle zu bringen.

Die normannischen Könige machten sich die kulturelle Vielfalt der Region zunutze und schufen einen wohlhabenden Staat.

1. Süditalien und Sizilien vor der Ankunft der Wikinger

Als die Normannen in den 1030er-Jahren in Süditalien landeten, trafen sie in einer multikulturellen Region ein.

Süditalien und Sizilien waren in religiöser, politischer und kultureller Hinsicht divers.

In Capua, Benevent und Salerno hatten die Langobarden Fürstentümer errichtet.

Apulien und Kalabrien befanden sich hingegen seit Justinian dem Großen (482 – 565) unter byzantinischer Herrschaft. Diese beiden Gebiete waren schon seit der Antike von der griechischen Kultur geprägt.

Die Insel Sizilien stand jedoch unter arabisch-muslimischer Herrschaft.

Die Eroberung Siziliens durch die Araber begann 827. Nur vier Jahre später nahmen arabische Armeen Palermo ein. Von dort aus brachten die Araber die Insel Schritt für Schritt unter ihre Kontrolle. Mit der Einnahme von Rometta im Jahr 965 war die arabische Eroberung Siziliens abgeschlossen.

Vor 827 war Sizilien Bestandteil des Byzantinischen Reiches. Der Einfluss der griechischen Kultur hielt sich bis in die normannische Zeit.

2. Das Haus von Aversa und Capua

Die erste normannische Familie, die in Süditalien Fuß fasste, war das Haus Drengot.

1038 belehnte Kaiser Konrad II. (990 – 1039) Rainulf Drengot mit der Herrschaft über Aversa. Als Graf Rainulf I. von Aversa regierte er dort bis zu seinem Tod im Jahr 1045.

Asclettin (1045) und Rainulf II. (1045 – 1048), die nächsten beiden Grafen von Aversa, herrschten nur kurz.

Nach dem Tod von Rainulf II. brach ein Erbfolgekrieg in der Grafschaft Aversa aus. Das Haus Drengot musste die Herrschaft gegen die Ansprüche des ebenfalls normannischen Hauses Hauteville verteidigen.

Im Jahr 1049 setzte sich Richard I. aus dem Haus Drengot durch und wurde Graf von Aversa. Seit 1058 war Richard I. auch Fürst von Capua.

Richards Nachkommen regierten in Capua und Aversa noch bis 1156. Robert II. war der letzte Fürst von Capua aus dem Haus Drengot.

3. Die Anfänge des Hauses Hauteville in Süditalien

Mitte der 1030er-Jahre brachen die Normannen Wilhelm Eisenarm und Drogo nach Süditalien auf. Sie waren die Söhne des Tankred von Hauteville (980 – 1041), Begründer des Hauses Hauteville.

1042 ließ sich Wilhelm Eisenarm – ursprünglich ein Söldner in byzantinischen Diensten – von revoltierenden Normannen zum Grafen von Apulien ausrufen.

Nach Wilhelms Tod 1046 wurde sein Bruder Drogo neuer Graf von Apulien.

Ebenfalls im Jahr 1046 traf mit Robert Guiscard (1015 – 1085) ein weiterer Sohn Tankreds von Hauteville in Süditalien ein.

Am 18. Juni 1053 standen die Normannen in der Schlacht von Civitate einem päpstlichen Heer gegenüber. Papst Leo IX. (1002 – 1054) wollte die normannische Expansion in Süditalien stoppen.

Trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit siegten die Normannen und nahmen den Papst gefangen.

Leo IX. starb im April 1054 und die Normannen festigten ihre Herrschaft über Süditalien.

4. Robert Guiscard und Roger I. von Sizilien

1057 folgte Robert Guiscard seinem älteren Bruder Humfried von Hauteville als Herzog von Apulien und Kalabrien nach.

Zwei Jahre später konnte er einen wichtigen diplomatischen Erfolg feiern, als Papst Nikolaus II. (990 – 1061) im Jahr 1059 die normannische Herrschaft über Süditalien anerkannte.

Mitte der 1050er-Jahre kam mit Roger von Hauteville (1031 – 1101) ein weiterer Bruder von Robert Guiscard nach Süditalien. Roger schloss sich seinem Bruder Robert Guiscard an und wurde dessen Vasall.

1060 erhielt Roger von Hauteville als Roger I. den Titel eines Grafen von Sizilien. Die dazugehörige Insel bzw. Grafschaft musste er sich aber noch erobern.

Gemeinsam mit seinem Bruder Robert Guiscard nahm er die Eroberung des arabischen Siziliens in Angriff. Diese begann im Jahr 1061 und sollte drei Jahrzehnte dauern.

5. Die Eroberung von Sizilien

Die Eroberung Siziliens begann 1061 mit der Einnahme von Messina und Rometta.

Messina war eine wichtige Hafenstadt. Von hier aus brachten die Normannen ganz Sizilien unter ihre Kontrolle.

1072 beendete Roger I. die arabische Herrschaft über Palermo.

Im selben Jahr beschlossen Robert Guiscard und Roger I. eine Teilung der normannischen Territorien in Italien.

Während Robert Guiscard auf dem Festland über Apulien und Kalabrien herrschte, erhielt Roger I. Sizilien.

1088 nahm Roger I. Syrakus ein und der Fall der arabischen Festung Noto stellte 1091 den Abschluss der Eroberung Siziliens durch die Normannen dar.

Damit endete die arabisch-muslimische Herrschaft über die Insel.

Bereits im Jahr 1071 hatte Robert Guiscard Bari eingenommen und die letzten Überbleibsel der byzantinischen Herrschaft über Süditalien beseitigt.

Und 1077 hatte Robert Guiscard auch Salerno erobert und für das endgültige Ende der langobardischen Präsenz in Süditalien gesorgt.

6. Das normannische Sizilien

Mit Sizilien übernahmen die Normannen eine multireligiöse und multikulturelle Insel.

Die Normannen waren katholisch, während die Bevölkerung des eroberten Siziliens teilweise muslimisch und griechisch-orthodox geprägt war.

Roger I. und seine Nachfolger setzten vor diesem Hintergrund auf eine Politik der religiösen Toleranz.

Unter normannischer Herrschaft erlebte Sizilien eine Blütezeit. Roger I. und sein Sohn Roger II. (1095 – 1154) nutzten das Wissen der einheimischen Bevölkerung zum Wohle der Insel.

Hinsichtlich Verwaltung und Justizwesen orientierten sich die normannischen Herrscher am Byzantinischen Reich.

In der Verwaltung setzte man auf das Wissen der italienischen und arabischen Beamten.

Sowieso übernahmen die Normannen in einigen Bereichen das, was die früheren arabischen Herren der Insel ihnen hinterlassen hatten. So basierten die Marine und die Wirtschaft des normannischen Siziliens auf arabischem Vorbild.

Die Normannenherrschaft war für Sizilien eine Zeit des Wohlstands.

7. Konflikt mit dem Papsttum

Nach dem Tod Robert Guiscards trat dessen Sohn Roger Borsa (1060 – 1111) 1085 die Nachfolge als Herzog von Apulien und Kalabrien an.

Roger Borsa regierte bis zu seinem eigenem Tod und wurde 1111 von seinem Sohn Wilhelm (1095 – 1127) beerbt. Eben dieser Wilhelm trat 1122 Kalabrien an Roger II. von Sizilien ab.

Als Wilhelm 1127 kinderlos starb, erhob Roger II. Anspruch auf dessen Erbe, d.h. das Herzogtum Apulien.

Papst Honorius II. (1060 – 1130) wollte diesen Machtzuwachs nicht hinnehmen und mobilisierte die Feinde Rogers II. von Sizilien. Außerdem verhängte er den Kirchenbann über den Grafen von Sizilien.

Doch Roger II. setzte sich gegen alle Widerstände durch und der Papst musste seine Niederlage einräumen.

Honorius II. blieb nichts anderes übrig, als Roger II. 1128 als Herzog von Apulien anzuerkennen.

Damit waren Sizilien, Kalabrien und Apulien in einer Hand vereint.

8. Sizilien wird ein Königreich

Im Jahr 1130 starb Papst Honorius II. und um seine Nachfolge entstand ein bitterer Machtkampf. Sowohl Innozenz II. (1088 – 1143) als auch Anaklet II. (1090 – 1138) erhoben Anspruch auf das Amt des Bischofs von Rom.

Graf Roger II. von Sizilien wollte diesen Konflikt nutzen, um sich den Königstitel zu sichern.

Die Verhandlungen mit Anaklet II. gingen wahrscheinlich in Avellino über die Bühne.

Roger II. schlug sich auf die Seite von Anaklet II. und erkannte diesen als seinen Lehensherren an. Im Gegenzug stimmte Anaklet II. der Königserhebung zu.

Das neue Königreich Sizilien umfasste neben der gleichnamigen Insel auch Kalabrien, Apulien, Capua sowie Neapel.

Im Kriegsfall sollte der König von Sizilien dem päpstlichen Benevent zu Hilfe kommen.

9. Die Königskrönung in Palermo

Am 27. September 1130 erließ Papst Anaklet II. das Privileg, mit dem er seine Zustimmung zur Erhebung Siziliens zum Königreich zum Ausdruck brachte.

Darin wurde unter anderem festgelegt, dass die Krönung und Salbung Rogers II. zum König von Sizilien durch den Erzbischof Petrus von Palermo vorgenommen werden sollte.

Die Krönung fand am ersten Weihnachtstag des Jahres 1130 in Palermo statt.

Vorher ließ sich Roger II. von einer Volksversammlung seine Rangerhöhung bestätigen.

Die Krönungszeremonie orientierte sich an den Krönungen im Heiligen Römischen Reich. Daher erhielt Roger II. Zepter und Reichsapfel als Insignien.

Die Feierlichkeiten wurden von den Zeitgenossen als prächtig beschrieben.

10. Das Ende der Normannenherrschaft in Sizilien und Süditalien

Am 18. November 1189 starb König Wilhelm II. von Sizilien (1153 – 1189) kinderlos.

Konstanze von Sizilien (1154 – 1198), die Tochter Rogers II., hatte drei Jahre zuvor den Staufer Heinrich VI. (1165 – 1197) geheiratet, der nun Anspruch auf die sizilianische Krone erhob.

Doch zunächst erklärte sich Tankred von Lecce (1138 – 1194) – ein Enkel Rogers II. – zum neuen König von Sizilien.

Im April 1191 ließ sich Heinrich VI. in Rom zum Kaiser krönen und nahm danach Sizilien ins Visier. Doch der Ausbruch einer Seuche durchkreuzte seine Pläne.

Im Frühjahr 1194 starb Tankred von Lecce und Heinrich VI. nahm einen neuen Anlauf zur Eroberung Siziliens.

An Weihnachten 1194 wurde Heinrich VI. nicht nur in Palermo zum König von Sizilien gekrönt, sondern auch Vater eines Sohnes – der spätere Kaiser Friedrich II., der in Sizilien und Süditalien deutliche Spuren hinterließ.

Die Herrschaft der Staufer im Königreich Sizilien hatte begonnen.