Kriegsführung der Wikinger

Wikinger-Krieger
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I. Seeschlachten bei den Wikingern

Die Wikinger sind als überragende Seefahrer in die Geschichtsbücher eingegangen. Da ist es umso überraschender, dass sie Seeschlachten lieber aus dem Weg gingen. Obwohl sie über exzellente Fähigkeiten als Seefahrer verfügten, waren Seeschlachten daher eine Seltenheit. Die wenigen Seeschlachten fanden in der Regel in Blickweite zur nächsten Küste statt. Die Schiffe der Wikinger formierten sich während der Schlacht in einer Linie. Die gegnerischen Schiffe wollten sie allerdings nicht zerstören, da sie diese in einem möglichst seetüchtigen Zustand in Besitz nehmen wollten. Spezialisierte Kämpfer sollten daher sicherstellen, dass die Einnahme der feindlichen Schiffe ohne größere Zerstörungen vonstatten ging.

II. Landschlachten bei den Wikingern

Wie bereits erwähnt vermieden die Wikinger Seeschlachten und begegneten dem Feind bevorzugt zu Lande. Dabei zeichneten sich die Armeen der Wikinger durch eine sehr große militärische Disziplin aus. In der ersten Reihe waren die Schwertkämpfer positioniert. Unmittelbar dahinter befanden sich Krieger, die tödliche Hiebe mit den Lanzen setzten. Und von hinten setzten die Bogenschützen der feindlichen Armee zu. Auch wurden Steine und Äxte in Richtung des Gegners geschleudert. Die an vorderster Front kämpfenden Berserker galten als besonders furchtlos. Wenn sich eine Niederlage abzeichnete, konnten die Kämpfer den Rückzug antreten, ohne um ihre Ehre fürchten zu müssen.

III. Die Taktik der Wikinger

Lange, monumentale Schlachten waren bei den Wikingern eher eine Seltenheit und daher stellten kurze Gefechte den Regelfall dar. Das wirkte sich natürlich auf die Taktik der Wikinger aus. Sie setzten auf das Überraschungselement und wollten den Feind auf dem falschen Fuß erwischen. Insbesondere hatten sie den gegnerischen Heerführer im Visier. Sie wollten nämlich die Schlacht so schnell wie möglich beenden, indem sie diesen außer Gefecht setzten. Das wollten sie bewerkstelligen, indem sie den Fokus darauf legten, die feindlichen Linien zu durchbrechen. Mit allen Mitteln sollte der Anführer der feindlichen Streitkräfte ausgeschaltet werden. Nach dem erfolgreichen Angriff zogen sich die Wikinger wieder zurück.

IV. Verteidigungs- und Angriffsformationen

Die Wikinger verfügten sowohl über eine Verteidigungs- als auch über eine Angriffsformation. Die Verteidigungsformation war der Schildwall. Dabei formierten sich die Kämpfer in einer Linie und da sie ihre Schilde übereinander positionierten, gab es für den Feind kaum ein Durchkommen. Zudem mussten die Angreifer sich gegen die Bogenschützen zur Wehr setzen. Die Angriffsformation war der Eberkopf. Dabei handelte es sich um eine Keilformation, die den gegnerischen Schildwall überwinden sollte. An der Spitze der heranstürmenden Formation standen nur die routiniertesten und diszipliniertesten Kämpfer.

V. Die Bewaffnung: das Schwert

Der am häufigsten von den Wikingern genutzte Schwerttyp war der Langsax bzw. Scramasax. Dabei handelt es sich um ein einschneidiges Hiebschwert, dessen Klinge eine Länge von bis zu 80 Zentimetern erreichen konnte. Dank archäologischer Funde wissen wir, dass einige Schwertscheiden üppig verziert waren. Von so manchen Wikinger-Schwertern sind sogar die Namen überliefert. Die Schwerter der Wikinger stammten oftmals nicht aus deren ursprünglichen Siedlungsgebiet und wurden importiert. Beispielsweise wurde das Schwert des norwegischen Königs Haralds III. Hardråde (1015 – 1066) in Sizilien geschmiedet. Bei den Wikingern hielt sich diese Waffengattung länger als auf dem europäischen Kontinent.

VI. Die Bewaffnung: die Axt

Den Wikingern standen verschiedene Arten von Äxten zur Verfügung. So zeichnete sich die Handöx (Handaxt) dadurch aus, dass sie einfach zu handhaben war. Die Skeggöx (Bartaxt) wurde wiederum dazu genutzt, um Schiffe heranzuziehen, und hatte einen langen Schaft. Die während des frühen Mittelalters in Skandinavien am weitesten verbreitete Axt war allerdings die Breiðöx (Breitaxt). Sie war auch als „dänische Axt“ bekannt und konnte mit beiden Händen geführt werden. Zudem verfügte sie über ein breites Blatt. Und die Bryntroll war ein zweischneidiger Axttyp.

VII. Die Bewaffnung: der Speer

Die Wikinger verfügten über eine reiche Auswahl an Speeren. Der Handspeer lagvápn war beispielsweise eine Stichwaffe. Der Speer skotvápn kam als Wurfinstrument zum Einsatz. Der höggspjot konnte nicht nur als Hiebwaffe verwendet, sondern auch als Stichwaffe benutzt werden. Diese zweischneidige Waffe konnte mit beiden Händen bedient werden. Der Fjaðrspjót (Federspieß) sollte wiederum den Angreifer auf Distanz halten. Anders als es der Name vermuten lässt, war der „Federspieß“ eine schwere Stoßwaffe. Diese Waffe verfügte über ein Quereisen. Und der Hakenspeer Krókaspjót kam vor allem beim Wal- und Walrossfang zum Einsatz.

VIII. Die Bewaffnung: Pfeil und Bogen

Die Bögen, die von Archäologen gefunden wurden, erreichten eine Länge von bis zu 1,50 Meter. Bei den Ausgrabungen in Haithabu (Schleswig-Holstein) wurde ein Langbogen aus Eibenholz entdeckt. Für die Herstellung von Bögen benutzten die Wikinger auch Ulmenholz. Die Langbögen wurden nicht für die Jagd genutzt und waren ausschließlich für den Kampf vorgesehen. Die Pfeile der Wikinger hießen Bíldör und Broddr und zeichneten sich durch ihre Präzision und Schärfe aus. Die Bogensehne wurde normalerweise aus Flachs angefertigt. Den Wikingern war auch die Armbrust Lásbbogi bekannt. Pfeil, Bogen und Armbrust kamen auch im Kampf zur See zum Einsatz.

IX. Die Bewaffnung: Messer und Keule

Während die vorher genannten und beschriebenen Waffengattungen wichtig für die Kriegsführung der Wikinger waren, spielte die Keule (kefli) in den Schlachten und Gefechten nur eine geringe Rolle. Sie war die Waffe des „kleinen Mannes“ und durfte sogar von Sklaven verwendet werden. Die Keulen der Wikinger bestanden aus eisenverstärktem Eichenholz. Eine weitere Waffe für den Alltagsgebrauch war das Messer knifr. Dieses verfügte über ein einfaches Design und wurde von den Wikingern für alltägliche Angelegenheiten benutzt. In einigen Fällen war die Klinge verziert. Auch diese Waffe durfte von Sklaven benutzt werden.

X. Die Berserker

Die Berserker standen in der Schlacht unter dem direkten Befehl des Königs. Sie zeichneten sich durch die Fähigkeit aus, wie von Sinnen zu kämpfen und zu töten. Weder Schmerzen noch Wunden machten ihnen etwas aus. Das „Ber“ in Berserker geht darauf zurück, dass sich diese Krieger im Kampf wie wilde Bären verhielten. Passend dazu trugen sie in der Schlacht das Fell von Bären oder Wölfen. Sie kämpften stets an vorderster Front und waren dort, wo es in der Schlacht am gefährlichsten war. Als medizinische Erklärung für das Verhalten der Berserker – Raserei und Tobsucht – wird häufig Epilepsie genannt.

XI. Weibliche Krieger bei den Wikingern

In der nordischen Mythologie werden mit den Walküren Kämpferinnen beschrieben. Auch aus dem Mittelalter sind Erzählungen über weibliche Krieger bei den Wikingern überliefert. Aber diese wurden lange Zeit nicht ernst genommen. Bis im Jahr 2017 in einem Wikingergrab in Birka (Südostschweden) die sterblichen Überreste eines weiblichen Offiziers identifiziert wurden. Bei einem erneuten Blick auf die DNA stellte sich heraus, dass die Verstorbene zwei X-Chromosome hatte. Damit war der Beleg dafür erbracht, dass es bei den Wikingern auch Kriegerinnen gab. Und dafür, dass es diese in der Hierarchie bis ganz nach oben schaffen konnten.