I. Wilde Krieger in Tierfellen
Die Berserker sind als furchteinflößende Krieger in die Geschichte eingegangen. Das „Ber“ in ihrem Namen weist darauf hin, dass sie sich während des Gefechts scheinbar in wilde Bären verwandelten. Daher zogen sie auch mit Tierfellen bekleidet in die Schlacht. Sie waren furchtlos und kämpften ohne Rücksicht auf Verluste. Sie steigerten sich während des Kampfgetümmels in einen wahren Rausch. Die Zeitgenossen hatten den Eindruck, dass die Berserker unverwundbar waren. Sie schienen im Kampf kein Schmerzempfinden zu kennen. Ihr Brüllen war furchterregend. Den Zustand der vollkommenen Raserei bezeichnet man auch als ganga berserksgangr (Berserkergang).
II. Wer waren die Berserker?
Der Name „Berserker“ stammt aus dem Altnordischen. „Ber“ steht entweder für Bär oder die Raserei, die dazu führt, dass man dazu in der Lage ist, wie ein Bär oder Wolf zu kämpfen. „serker“ ist die altnordische Bezeichnung für Gewand oder Waffenrock. Sie sollen eine besonders enge Verbindung zum Göttervater Odin besessen haben und galten als dessen Krieger. Die Berserker sollen Odin auch ihre besonderen Fähigkeiten zu verdanken haben. Dazu zählte zum Beispiel, dass Feuer und Eisenschwerter ihnen angeblich nichts anhaben konnten. Wenn sie von der Berserkerwut ergriffen wurden, fingen sie an zu zittern und bissen in den Schild. Ihr Gesicht verfärbte sich und sie stießen ohrenbetäubende Laute aus.
III. Die Rolle der Berserker in der Schlacht
Die Berserker wurden von den Königen hochgeschätzt und von diesen persönlich angeführt. Sie zählten zur Elite unter den Wikinger-Kriegern und fungierten als königliche Leibgarde. Sie bildeten während der Schlacht eine geschlossene Formation. Man konnte sich darauf verlassen, dass sie dort zugegen sein würden, wo die heftigsten Gefechte stattfanden. Sie gingen voran und suchten die direkte Konfrontation mit dem Feind. Wenn sie sich im Zustand der totalen Ekstase (Berserkergang) befanden, waren sie nicht zu stoppen.
IV. Gefürchtet bei Freund und Feind
Die Berserker waren unentbehrlich für den Sieg in der Schlacht, aber ihre Unberechenbarkeit machte sie gleichermaßen zu einem Risiko. Hinzu kam ihr Verhalten außerhalb des Krieges. Sie forderten andere Männer ungefragt und wahllos zum Zweikampf heraus, raubten Frauen und begingen Eigentumsdelikte. Sie verfügten daher über eine schlechte Reputation und wurden mehrmals aus ihren jeweiligen Ländern verwiesen. In den Sagas waren sie nicht selten die Bösewichte, die der Held aus dem Weg räumen musste. So kämpfte in der Grettis saga Grettir der Starke gegen den räuberischen Berserker Snækollur.
V. Warum waren die Berserker so wild?
Es gibt verschiedene Theorien, warum die Berserker sich derart in einen Kampfrausch hineinsteigern konnten. Der schwedische Theologe und Historiker Samuel Ödmann (1750 – 1829) stellte im Jahr 1784 die These auf, dass die Berserker den Fliegenpilz als Droge konsumierten. Sein Zeitgenosse Johann Samuel Halle (1727 – 1810) beschrieb die Wirkung des Fliegenpilzes als „Berauschung, Wahnwitz, Tollkühnheit, Zittern und (…) Wuth“. Aber heute weiß man, dass Raserei nicht zu den Folgeerscheinungen einer Fliegenpilzvergiftung zählt.
Eine andere These besagt, dass Sumpfporst-Bier den Kampfrausch der Berserker ausgelöst habe. Sumpfporst ist ein Heidekrautgewächs. Diese These ist jedoch ebenfalls zweifelhaft, da der Bierkonsum weit verbreitet war bei den Wikingern. Daher hätte es eigentlich viel mehr Berserker geben müssen, als in der historischen Überlieferung bekannt sind.
VI. Waren die Berserker Epileptiker?
Doch was führte nun zum Verhalten der Berserker? Die häufigste medizinische Erklärung ist, dass diese Krieger an Epilepsie litten. Hierzu passt das Verhalten der Berserker im Kampf. Sie zeichneten sich durch ekstatische Anfälle aus und wirkten im Zustand des Kampfrausches wie wilde Tiere. Sie stießen furchteinflößende Laute aus und schienen keinen Schmerz mehr zu verspüren. Aber nach dem Berserkergang waren sie kraftlos. Daher kann man davon ausgehen, dass es sich bei dem Berserkergang um eine Krankheit handelte. In der Vatnsdœla saga beschreibt Thorir, dass der Berserkergang immer dann über ihn komme, „wenn ich es am wenigsten will“. Und sein Bruder Thorstein sagt über ihn, „dass du nicht in der Fülle deiner Gesundheit stehst wie andere Männer“.
VII. Die Berserker in der nordischen Literatur
Die früheste Erwähnung der Berserker in der nordischen Literatur stammt vom Skalden Thorbjörn Hornklaue, der im 9. Jahrhundert lebte. In seinem Werk Haraldskvæði (Gedicht auf Harald) geht er auf die Schlacht am Hafrsfjord (872) ein. Darin beschreibt er in Strophe 8 die Berserker: „es brüllten die Berserker, der Kampf kam in Gang, es heulten die Wolfpelze und schüttelten die Eisen“. Danach herrschte lange Funkstille. Im 12. Jahrhundert setzte sich schließlich der Begriff berserkr durch. Der dänische Historiker Saxo Grammaticus (1160 – 1208) spekulierte in seiner Gesta Danorum, ob „diese fürchterliche Raserei“ der Berserker auf deren „wilde Natur“ oder eine Geisteskrankheit zurückgehe. Und der isländische Historiker Snorri Sturluson (1179 – 1241) beschreibt in der Egils saga die Berserkerwut wie folgt: „Er fing an, bösartig zu heulen und biss in seinen Schild.“
VIII. Das Ende der Berserker
Mit der Christianisierung der Wikinger ging auch das Ende der Berserker einher. In der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts verschwanden sie. In Norwegen wurde das Berserkertum im Jahr 1015 verboten und in Island der Berserkergang im Jahr 1122 für illegal erklärt. In norwegischen Christenrechten aus dem 12. Jahrhundert tauchen die Berserker überhaupt nicht mehr auf. Sie scheinen zu diesem Zeitpunkt bereits ein Relikt aus einer fernen Vergangenheit geworden zu sein. Dieser Eindruck wird noch dadurch unterstrichen, dass der Verfasser der Vatnsdœla saga (1260/1280) seinen Lesern die Bedeutung des Begriffs „Berserker“ erklären musste. Die Berserker waren anscheinend in Vergessenheit geraten. Das hat sich mittlerweile geändert. In Redewendungen wie zum Beispiel „wüten wie ein Berserker“ leben diese Krieger weiter.