Alltag der Wikinger in der Heimat

I. Gesellschaftliche Klassen

In ihrer skandinavischen Heimat lebten die Wikinger in einem Kastensystem. An dessen Spitze stand ein Häuptling oder ein Jarl (Earl bzw. Graf). Dieser verfügte über Gefolgsleute, die er mit Lebensmitteln, Kleidung, Waffen und Geschenken zu versorgen hatte. Das Gefolge des Jarls war ein exklusiver Kreis und ein Platz in dieser Umgebung war mit viel Prestige verbunden. Unterhalb der obersten Kaste befanden sich die freien Männer. Darunter versteht man Händler und Landbesitzer. Letztere durften im Thing (Ratsversammlung) das Wort führen. Am Ende der sozialen Rangordnung befanden sich die Sklaven. Bettler und Obdachlose waren kein Bestandteil der Gesellschaft.

II. Die Rolle der Frau

Die Frauen in der Wikinger-Gesellschaft verfügten durchaus über so manches Recht, das ihren Geschlechtsgenossinnen im christlichen Kontinentaleuropa versagt blieb. So verfügten sie über das Erbrecht und konnten die Scheidung einreichen. Da die Ehemänner oftmals viele Monate zur See verbrachten, hatten die Frauen während eines Großteils des Jahres in der Heimat auf dem Hof das Sagen. In Abwesenheit des Mannes kümmerte sich die Gattin in dieser Zeit sowohl um die Hofhaltung als auch um die Kinder. Jedoch muss man betonen, dass die Wikinger-Gesellschaft von Männern bestimmt wurde. So hatten Frauen bei den Wikingern keine politischen Rechte.

III. Kindheit

Die Kindheit im mittelalterlichen Skandinavien war ein Überlebenskampf. Die Heimat der Wikinger wurde häufig von Hungersnöten heimgesucht. Nimmt man jetzt noch die rauen Lebensbedingungen sowie Krankheiten hinzu, dann ist die extreme Kindersterblichkeit keine Überraschung. Viele Kinder aus Wikinger-Familien erlebten ihren fünften Geburtstag nicht. Und die, die älter als fünf Jahre wurden, hatten keine Kindheit im heutigen Sinn. Der Besuch einer Schule oder einer anderen Bildungseinrichtung war nur in absoluten Ausnahmefällen möglich. Vor der Christianisierung der Wikinger gab es in Skandinavien de facto keine Schulbildung für Kinder. Stattdessen wurden diese schon ab sieben Jahren als Arbeitskraft herangezogen.

IV. Erziehung

Wie bereits erwähnt, gingen die Kinder der Wikinger nicht zur Schule. Die Gesellschaft der Wikinger in der skandinavischen Heimat hatte einen stark landwirtschaftlichen Chrarakter. Viele Familien verfügten über einen eigenen Hof. Und die Kinder waren von klein auf in die Hof- bzw. Hausarbeit eingebunden. Die Jungen waren für die Feldarbeit vorgesehen. Zudem durften sie ihre Väter teilweise auf den Raubzügen begleiten. Nicht wenige von ihnen wurden später selbst Seeräuber. Das Betätigungsfeld der Mädchen lag hingegen im elterlichen Haushalt. Generell lässt sich sagen, dass der Vater über die Erziehung der Kinder bestimmte.

V. Eine gewalttätige Gesellschaft

Den Wikingern kann man eine Neigung zur Gewalt nicht absprechen. Fehden und Streitigkeiten konnten schnell in Kämpfe ausarten. Die Auseinandersetzungen führten nicht selten zu schweren Verletzungen oder Todesfällen. Die Bewaffnung eines männlichen Wikingers bestand aus einem Schwert, einer Axt und einem Bogen. In Letzterem konnten bis zu 24 Pfeile Platz finden. Angesichts eines solchen Arsenals ist es nicht überraschend, dass zahlreiche Leichname aus der Wikinger-Zeit Schädelverletzungen aufweisen. Dieser Aspekt der Wikinger-Gesellschaft wurde von der Heimat auf die Kolonien übertragen. Der Biologe und Geograph Jared Diamond schrieb in seinem Buch Kollaps*: „Mit dem Gemeinschaftsgefühl kam auch ein starker Hang zur Gewalttätigkeit aus Island und Norwegen nach Grönland.“

VI. Sklaverei

Bei den Wikingern gehörte der Handel mit und das Halten von Sklaven zum Alltag. Der Sklavenhandel war ein wichtiger Faktor für die Wirtschaft des mittelalterlichen Skandinaviens. Die Sklaven wurden entweder auf den Raubzügen in Übersee gefangengenommen oder verbüßten eine Strafe. So wurden Mörder und Menschen, die ihre Schulden nicht bezahlen konnten, versklavt. Die Sklaven waren völlig rechtlos und durften weder über Besitz verfügen noch erben. Zudem waren sie nicht geschäftsfähig. Ihre Besitzer hatten die Verpflichtung, die Verpflegung zu gewährleisten und Kleidung zur Verfügung zu stellen. Ein Sklave hatte die Möglichkeit, sich die Freiheit zu erarbeiten oder zu verdienen.

VII. Handel und Handwerk

Während ein Teil der Bevölkerung auf Raubzug ging, blieben die Handwerker und Händler in den Dörfern und kleinen Städten zurück. Dort produzierten die Handwerker Töpferwaren und andere Güter für den täglichen Gebrauch. Rohlinge und Fertigwaren waren hingegen für den Export vorgesehen. Die Händler der Wikinger exportierten außerdem Eisen, Pelze, Wetzsteine, Walrosszähne, Federn sowie Kochgerät aus Speckstein. Im Gegenzug trafen Luxusartikel wie Wein, Seide oder Gold in Skandinavien ein.

VIII. Klimatische Bedingungen

Die Wikinger mussten in ihren Heimatländern Dänemark, Schweden und Norwegen teilweise mit verschärften klimatischen Bedingungen zurechtkommen. Das galt vor allem für die landwirtschaftliche Produktion. Ein großes Problem war zum einen die Qualität des Bodens und zum anderen der Mangel an brauchbarem Ackerland. So gab es nur wenige Orte, an denen man eine effektive Landwirtschaft betreiben konnte. Und der vorhandene Boden war oft von minderer Qualität. Diese beiden Aspekte in Kombination mit einer Knappheit an Ressourcen sowie einer Überbevölkerung werden von Historikern häufig als einer der Gründe für den Beginn der Raubzüge der Wikinger angeführt.

IX. Landwirtschaft

Wie bereits im vorherigen Kapitel angesprochen wurde, stellte das Betreiben einer effektiven und erfolgreichen Landwirtschaft für die Wikinger eine Herausforderung dar. Die besten Möglichkeiten dazu bestanden an den Fjorden. Die Höfe lagen verstreut und konnten sich selbst versorgen. Die typischen Nutztiere der Wikinger waren Schweine, Ochsen und Schafe. Neben Ackerbau und Viehzucht prägten auch der Fischfang und die Jagd den Alltag im Skandinavien der Wikinger-Zeit. Man kann insgesamt von einer landwirtschaftlich geprägten Region sprechen. Parallel zum Beginn der Raubzüge wurden selbst in dünn besiedelten Waldgebieten neue Bauernhöfe errichtet. Das ist ein Indiz dafür, dass es im Laufe der Zeit immer schwieriger wurde, neuen Boden für die Landwirtschaft zu gewinnen.

X. Feste und Feiertage

Aus dem vorchristlichen Feiertagskalender der Wikinger ragen zwei Feste heraus. Das sind zum einen das altnordische Opferfest Blót und zum anderen das Julfest. Ein gemeinsames Element ist das gemeinschaftliche Betrinken. Das bevorzugte alkoholische Getränk der Wikinger war dabei der Honigwein, auch als Met bekannt. Über den Ablauf der Feste in der Zeit vor der Christianisierung ist nicht viel bekannt. Das Blót fand auf dem Hof eines wohlhabenden Bauern statt, und die Wikinger brachten einer Gottheit ein Opfer dar. Und beim Julfest wurde dem Gott Freyr ein Eber geopfert. Außerdem spielte der Julbock als Verkörperung des Donnergottes Thor eine wichtige Rolle. Der norwegische König Håkon der Gute (920 – 961) verlegte das Julfest auf den 25. Dezember. Damit fiel es mit dem Weihnachtsfest zusammen.